Auf einer Studienreise lernte ich 2010 einen kleinen Teil dieses interessanten Landes voller Kontraste, Gegensätze, Widersprüche, Schwierigkeiten und Chancen kennen. Rückblickend möchte ich hier einige Gedanken und Eindrücke aufschreiben und bildlich darstellen.

Thematische Schwerpunkte der Reise waren Schwierigkeiten und Herausforderungen von Urbanisierungsprozessen im ländlichen und städtischen Raum New Delhis, der Anstieg der Umweltverschmutzung, hier am Beispiel der Flüsse Ganges und seines Zuflusses, der Yamuna, die daraus resultierenden Belastungen, Gründe hierfür und mögliche Lösungen oder Lösungsansätze. Neben vielen Schwierigkeiten beeindruckte uns aber immer wieder besonders die historische Baukunst und die Freundlichkeit der Menschen.

Das Humayun-Mausoleum in New Delhi

Tradition und Moderne gehen in Indien oft Hand in Hand. Nicht immer sind diese Verbindungen für uns in einem logischen Zusammenhang. Alte, teilweise religiöse Traditionen und moderne Interessen, zum Beispiel der Industrie, sind nicht immer miteinander kompatibel. Sehr beeindruckend war diese Kontroverse für mich am Beispiel der Yamuna-Aue zu sehen. Der Fluss wird massiv durch Industrieabwässer verschmutzt. Er mündet in den im Hinduismus heiligen Fluss, den Ganges, in dem sich wiederum die Menschen zu einer zeremoniellen Waschung reinigen. Hinzu kommt, dass die hinduistische Tradition in manchen Fällen eine Bestattung im Ganges vorsieht, was zu zusätzlichen Verschmutzungen der Flüsse führt. Der krasse Widerspruch erscheint offensichtlich, aber eine Lösung oder Besserung wurde bisher nicht gefunden, die alle Beteiligten beachtet, die Moderne und die Tradition.

In Zusammenarbeit mit lokalen Universitäten, wie beispielsweise der Chandigarh University und Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) haben wir städtische Armensiedlungen und ländliche Räume im Umland der Megacity New Delhi besucht.

Einblicke in die ökonomischen Strukturen des Landes vermittelten uns Gerbereien und Schuhproduktionsstätten in Kanpur. Besonders deutlich wird hier das große Problem der Umweltverschmutzung in Indien.

Agra gilt mit dem Taj Mahal nicht nur als kulturelles und bauliches Highlight, es hat auch den größten informellen Ledermarkt des Landes und ist deshalb in doppelter Hinsicht von besonderer Bedeutung für uns.

Blick auf das Taj Mahal in Agra
Blick auf den Eingang zum Garten des Taj Mahal

Um eine kleine Pause von den schwierigen Verhältnissen der lauten und überfüllten urbanen Regionen zu nehmen, verbrachten wir einige Tage in den Siwaliks, der äußeren Vorgebirge des südlichen Himalaya, und in der touristisch gut erschlossenen Region Rajasthan.

Mein persönliches Resume der Reise ist kontrovers. Auf der einen Seite habe ich diese Reise und das Land als extrem anstrengend und sehr schwer zugänglich empfunden, auf der anderen Seite hat mich kaum eine Reise so tief getroffen und beeindruckt. Geblieben ist ein Gefühl des Erstaunens und der Verwirrung. Das hängt meiner Meinung nach mit der schweren Zugänglichkeit der Kultur zusammen. So ist es zwar nicht schwer in Kontakt mit den Menschen zu kommen und sich mit ihnen zu unterhalten, da sie sehr kommunikativ sind, aber die kulturellen Unterschiede sind so enorm, dass man immer das Gefühl behält, nur ein Zuschauer zu sein, der nur für einen kleinen Augenblick geduldet wird und Einblicke erhält.

Ähnlich extrem sind die regionalen Unterschiede und die damit verbundenen Konsequenzen für eine Reise. Die Städte sind extrem laut, überfüllt und teilweise auch sehr unhygienisch. Ihre Dichte an Menschen, kulturellen Sehenswürdigkeiten und kulinarischen Angebote ist so groß, dass sie mich überfordert und ich nur den Tipp geben kann, sich die Zeit und Energie gut einzuteilen, damit man auch Momente der Erholung hat, um einen Gin-Tonic auf einer Rooftop-Bar, mit Sicht über die Dächer der Stadt, genießen zu können.

Die ländlichen Regionen und Naturregionen hingegen sind groß, teilweise unerschlossen und laden zum Verweilen und Erholen ein. Hier ticken die Uhren etwas anders und die ergebnisorientierte Beschleunigung der Industrie ist hier noch nicht angekommen.

Trotz der genannten Schwierigkeiten und Unwegsamkeiten kann ich einen Trip nach Indien nur empfehlen. Es lohnt sich!

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